Neues Pharmakon zum Thema „Bipolare Störungen“
25.10.2022 - Fortbildung, Information & Internet, externe Gremien
Das neue Pharmakon-Heft (Ausgabe 6/2022) der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) widmet sich dem Thema „Bipolare Störungen“. Im Rahmen der Kooperation mit der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) möchten wir Ihnen an dieser Stelle die Inhalte kurz vorstellen und Ihr Interesse wecken. Mitglieder der DPhG erhalten die Pharmakon-Ausgaben alle zwei Monate direkt nach Hause – als Mitgliederzeitschrift ohne weitere Kosten.
Vom „zirkulären Irresein“ zur internationalen KlassifikationBipolar-affektive Erkrankungen als eigenständiges Krankheitsbild wurden in der modernen Psychiatrie erstmals im 19. Jahrhundert von Jean-Pierre Falret als „zirkuläres Irresein“ bezeichnet. Emil Kraepelin führte den Begriff des „Manisch-Depressiven Irreseins“ in den deutschen Sprachraum ein. Dieser sollte zur Abgrenzung von der so genannten „Dementia praecox“ dienen, welche die mit anhaltenden und sich verschlechternden Defiziten einhergehende psychische Erkrankungen wie schizophrene Psychosen bezeichnete. Eine Abgrenzung der bipolaren von der unipolaren affektiven Erkrankung postulierten erstmals Mitte des 20. Jahrhunderts Karl Kleist und Karl Leonhard auch auf Grundlage der Arbeiten von Sieglinde von Trostorff. Internationale Anerkennung fand diese Trennung aber erst durch die Arbeiten von Jules Angst und Carlo Perris und wurde ab 1980 mit DSM-III und ICD-9 auch in die internationalen Klassifikationssysteme aufgenommen.
Pharmakologischer Ansatz als eine TherapieoptionBipolare Erkrankungen werden aber auch heute nach 40 Jahren noch oft unterdiagnostiziert und unzureichend behandelt, dabei ist eine frühzeitige Diagnosestellung und die leitliniengerechte Behandlung wichtig, wobei im »Pharmakon« die Betonung auf den pharmakologischen und nicht psychotherapeutischen oder weiteren biologischen Therapie-Ansätzen liegt. In der Einführung werden Sie in die Geschichte der Behandlung der bipolar-affektiven Erkrankung eingeführt, dabei geht der Autor Thomas Langebner vor allem auch auf Lithium als Prototypen einer eigenen Psychopharmaka-Klasse, der Stimmungsstabilisierer, ein.
Im Weiteren werden die Erscheinungsformen der bipolar-affektiven Erkrankung mit besonderer Betonung von Mischbildern und rapid-cycling, sowie Suizidalität und Besonderheiten im Kindes- und Jugendalter sowie bei Frauen dargestellt. Perspektiven der Früherkennung und Frühintervention bei so genannten Prodromalstadien werden dabei ebenfalls thematisiert.
Was wirkt wie und welche Risiken gibt es?Bipolare Betroffene haben ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von weiteren psychischen und somatischen Erkrankungen, was im klinischen Alltag und bei der Therapieauswahl beachtet werden muss. In weiteren Artikel des »Pharmakons« werden die Prinzipien der Behandlung bipolar-affektiver Störungen mit besonderer Betonung der Bedeutung von Stimmungsstabilisierern, ihrer Wirkmechanismen und des Therapeutischen Drug Monitoring zur Erhöhung der Medikamentensicherheit ausgeführt. Dabei kann es Unterschiede zwischen der Behandlung in der akuten Episode und den für die Phasenprophylaxe eingesetzten Medikamente geben. Die Auswahl der Medikamente sollte an der individuellen Erscheinungsform der Erkrankung orientiert sein. Medikamente mit einem Fehlbildungsrisiko dürfen nicht bei Frauen im reproduktionsfähigen Alter eingesetzt werden.
Auf das Zusammenwirken kommt es anOft erfordert die Behandlung einer bipolaren Erkrankung eine lebenslange psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung mit Anpassungen der Therapie bei Frühwarnzeichen, um ausgeprägte Krankheitsepisoden verhindern zu können. Behandlungen in einem spezialisierten Setting führen zu geringeren Rezidivraten, sind aber noch nicht überall in Deutschland etabliert.
In den beiden abschließenden Artikeln werden die Bedeutung der trialogischen Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen und der Psychoedukation mittels der Life-Chart-Methode für das Empowerment der und die partizipative Entscheidungsfindung mit den Betroffenen unter Einbezug der Angehörigen vorgestellt.
Dies unterstreicht die Bedeutung der therapeutischen Allianz zwischen Betroffenen, Angehörigen und Experten für eine frühzeitige Diagnose und leitliniengerechte Behandlung der bipolar affektiven Erkrankung, ohne die die pharmakologische und psychotherapeutischen Kompetenz der Behandler ins Leere läuft. Das Zusammenwirken von Betroffenen, Angehörigen und Experten im Rahmen der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Affektive Störung kann hier als modellhaft für die Behandlung psychischer Erkrankungen gelten.
Mit Experten sind hier nicht nur Ärzte und Psychologen, sondern auch Apotheker gemeint, deren Beratung zu den oft komplexen Pharmakotherapien und Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit durch Therapeutisches Drug Monitoring für Ärzte wie Betroffene ein wichtiger Baustein in der Behandlung darstellen kann. Ihr Beitrag sowohl zur Behandlung der Betroffenen als auch in der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störung ist eine Bereicherung und herzlich willkommen.