LAKT: Wer Krisenvorsorge wirklich ernst meint, muss das Apothekennetz vor Ort stabilisieren 30.10.2025 - Presse
Mit deutlicher Kritik reagiert die Landesapothekerkammer Thüringen auf den vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegten Referentenentwurf zur Apothekenreform. Der Entwurf verfehle nach Einschätzung der Kammer sein zentrales Ziel: die Sicherung einer wohnortnahen und krisenfesten Arzneimittelversorgung.
„Was als Modernisierung und Flexibilisierung verkauft wird, ist in Wahrheit ein weiterer Schritt zur Schwächung der Apothekenstruktur in Deutschland“, warnt Ronald Schreiber, Präsident der Landesapothekerkammer Thüringen. „Gerade in einem Flächenland wie Thüringen sind starke, voll ausgestattete Apotheken unverzichtbar. Eine Apotheke ohne Apotheker ist keine Apotheke – und sie ist keine Stütze für die Versorgung im Krisenfall.“
Lehre aus der Pandemie: Dezentral statt zentral
Die Erfahrungen der Corona-Pandemie hätten gezeigt, wie wichtig die Apotheken vor Ort für ein funktionierendes Gesundheitssystem sind. „In den schwierigsten Phasen der Pandemie haben die Apotheken zuverlässig funktioniert – oft ohne lange Vorbereitung, aber mit viel Engagement“, betont Schreiber. „Sie waren Test- und Impfstellen, Beratungsorte und Versorger zugleich. Diese Leistung ist nur möglich, wenn Apotheken personell und strukturell gut aufgestellt sind. Wer Krisenvorsorge ernst meint, muss genau dieses Netz stärken – nicht schwächen.“
Struktureller Abbau statt Stärkung
In Thüringen mussten allein in den vergangenen Jahren über 100 Apotheken schließen. Besonders der ländliche Raum ist betroffen – dort, wo eine wohnortnahe Arzneimittelversorgung besonders wichtig wäre. „Jede Schließung ist ein Verlust an Versorgungssicherheit“, erklärt Schreiber. „Wenn Apotheken in kleineren Städten und Dörfern verschwinden, ist das kein betriebswirtschaftliches Detail, sondern ein gesundheitspolitisches Warnsignal.“
Unzureichende Finanzierung und riskante Verantwortungsteilung
Kritisch sieht die Kammer auch, dass die Vergütung der Apotheken seit über einem Jahrzehnt unverändert geblieben ist – trotz steigender Kosten und wachsender Aufgaben. „Ohne eine faire Anpassung der Honorierung wird jede Reform zur Farce“, so Schreiber. „Wer neue Aufgaben verteilt, aber die wirtschaftliche Grundlage verweigert, riskiert das Ende vieler Apotheken in Thüringen.“
Anstatt bestehende Apotheken wirtschaftlich zu stabilisieren, sehe der Entwurf vor, Apotheken mit eingeschränktem Leistungsangebot zu fördern. „Damit schafft man Apotheken zweiter Klasse – ohne Labor und weniger Service“, kritisiert Schreiber. „In solchen Apotheken wird zukünftig weder eine pharmazeutische Ausbildung noch eine schnelle Herstellung möglich sein. Das ist keine Reform, das ist eine Ausdünnung des Netzes. Versorgung darf nicht nach Kassenlage organisiert werden.“
Besorgt zeigt sich Schreiber zudem über die geplanten erweiterten Vertretungsrechte für pharmazeutisch-technische Assistentinnen (PTA). „Unsere PTA sind hochqualifizierte Fachkräfte und unverzichtbar in jedem Team. Aber die Leitung einer Apotheke ist mit rechtlicher und fachlicher Gesamtverantwortung verbunden – diese darf nicht leichtfertig verschoben werden“, betont der Kammerpräsident. „Verantwortung braucht Approbation. Wer die Leitung liberalisiert, gefährdet am Ende die Sicherheit der Patientinnen und Patienten.“
Appell an die Politik: Klare Perspektiven statt Stückwerk
Die Landesapothekerkammer Thüringen appelliert an das Bundesgesundheitsministerium, den Gesetzentwurf grundlegend zu überarbeiten. Eine moderne und krisenfeste Gesundheitsversorgung braucht keine Apotheken zweiter Klasse – sie braucht stabile Strukturen, wirtschaftliche Verlässlichkeit und die pharmazeutische Kompetenz vor Ort.