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Ein Vierteljahrhundert für mehr Patientensicherheit
22.11.2019 - externe Gremien, interne Gremien, Information & Internet, Presse, Fortbildung

Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Gemeinsamen Giftinformationszentrums der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (GGIZ) fand am 18. November 2019 auf Einladung der Landesapothekerkammer Thüringen (LAKT) im Thüringer Apothekerhaus ein Symposium statt. Teilnehmer waren neben den MitarbeiterInnen des GGIZ Thüringer ApothekerInnen, die diese Veranstaltung für ihre Fortbildung nutzten. Als Gäste wurden u.a. der Präsident der Sächsischen Landesapothekerkammer und der ABDA Friedemann Schmidt, die Geschäftsführerin der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt Dr. Christine Heinrich und MinR a.D. Dr. Jürgen Keiner, einer der Gründerväter, begrüßt.

In seiner Einführung verwies der Präsident der Landesapothekerkammer Thüringen, Herr Ronald Schreiber, auf die Bedeutung des GGIZ für die Bevölkerung, aber insbesondere auch für die Apotheken und bezeichnete die Arbeit des GGIZ als gelebten Verbraucherschutz. Das Grußwort der Landesärztekammer Thüringen sprach deren Vizepräsident Dr. Hans-Jörg Bittrich. Aus seiner Sicht leistet das GGIZ im Vergiftungsfall wertvolle Hilfe bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten in Arztpraxis, Rettungsdienst und Klinik. Damit wird sowohl eine Unterversorgung als auch eine Übertherapie vermieden.

Dr. Helmut Hentschel, der ehemalige Leiter des GGIZ, der maßgeblich am Aufbau dieser Einrichtung beteiligt war, stellte dessen Entwicklung und Aufgaben dar und gab einen Überblick über das Vergiftungsgeschehen im Einzugsgebiet des GGIZ. Seit der Gründung des GGIZ im Jahr 1994 haben sich die Beratungszahlen um das 5,4-Fache auf über 27.000 im Jahr 2018 erhöht. Die telefonische Beratung im Vergiftungs- oder Vergiftungsverdachtsfall ist die Hauptaufgabe des GGIZ. Der Beratungsdienst durch Ärzte/Ärztinnen und Apothekerinnen steht rund um die Uhr an allen Tagen im Jahr zur Verfügung und wird in über der Hälfte der Fälle vom medizinischen Fachpersonal und zu etwa einem Drittel von der Bevölkerung genutzt. Mit der Dokumentation und Auswertung des Vergiftungsgeschehens wird ein wesentlicher Beitrag zur Toxikovigilanz geleistet. Daneben engagieren sich die MitarbeiterInnen in der Prävention von Vergiftungen sowie der Aus- und Fortbildung von medizinischem und pharmazeutischem Fachpersonal, beispielsweise im berufsbegleitenden Unterricht für Pharmazeuten im Praktikum.

Im Folgenden berichteten zwei Fachapothekerinnen aus dem GGIZ über ihre Tätigkeit.
Mandy Gollmann, Fachapothekerin für Arzneimittelinformation, berichtete über Ursachen der Vergiftungen mit dem Fokus auf Medikationsfehler. Arzneimittel sind sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern am häufigsten bei Vergiftungen involviert. Etwa 18 % aller Anfragen zu Arzneimitteln im GGIZ liegen Fehler bei deren Anwendung zugrunde. Dies betrifft neben medizinischem Personal vor allem medizinische Laien, wie z.B. Eltern, die ihren Kindern Arzneimittel falsch verabreichen, oder die Patienten selbst. Frau Gollmann erläuterte anhand von Fallbeispielen typische Fehler und die damit verbundene Gefährdung. Den anwesenden ApothekerInnen gab sie auf diese Weise wertvolle Tipps für ihre Beratungspraxis in der Offizin mit auf den Weg und verwies zugleich auf die wichtige Rolle des GGIZ im Rahmen der Pharmakovigilanz.

Auch Dr. Anne Stürzebecher versorgte die ApothekerInnen mit Ratschlägen. Da hauptsächlich Kleinkinder im häuslichen Umfeld durch Vergiftungen gefährdet sind, zeigte die Fachapothekerin für Klinische Pharmazie die Gefahrenquellen auf und gab Hinweise, welche Maßnahmen im Notfall durch die Eltern ergriffen werden sollten. Das induzierte Erbrechen, das in den Anfangsjahren des GGIZ noch routinemäßig zur primären Giftentfernung angewendet wurde, ist heutzutage obsolet. In der Regel wird nach der Ingestion das Trinken von etwas Tee, Wasser oder Saft empfohlen. Bei der Kontamination von Haut oder Auge ist die Spülung die wichtigste Maßnahme, um Gesundheitsschäden zu verhindern oder zu verringern. Alle weiteren Maßnahmen sollten nur nach Absprache mit einem Giftinformationszentrum oder einem Arzt erfolgen.

Im Rahmen ihres Vortrags stellte Dr. Stürzebecher Informationsmöglichkeiten zum Thema Vergiftungen für die ApothekerInnen vor. Dazu gehören z.B. die Website des GGIZ (https://ggiz-erfurt.de) und Informationsbroschüren des Bundesinstituts für Risikobewertung.

Abgerundet wird das Symposium von Dr. Dirk Keiner, Leiter der Zentralapotheke des Sophien- und Hufeland-Klinikums Weimar, mit einem Vortrag über Genderaspekte und AMTS-Risiken am Beispiel von DOAKs, Fentanyl und Methotrexat. Er wies auf Unterschiede in der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Arzneimitteln im männlichen und weiblichen Organismus hin und zeigte auf, dass Frauen in der Regel ein höheres Risiko für Wechselwirkungen haben als Männer. Anhand von Fallbeispielen wurde das Risiko für eine Vergiftung durch Nichtbeachtung von Arzneimittelwechselwirkungen oder Kontraindikationen dargestellt. Insbesondere Methotrexat ist mit einem hohen Risiko behaftet. Trotz vorgeschriebener Maßnahmen zur Risikominimierung kommt es immer wieder zur versehentlichen täglichen Applikation von Methotrexat anstelle der wöchentlichen Anwendung. Ein Thema, dass auch in der Beratungspraxis des GGIZ eine Rolle spielt.

Aus Sicht der TeilnehmerInnen war das Symposium eine Bereicherung für den Beratungsalltag in der Apotheke und hat die Arbeit des GGIZ, das seit 25 Jahren ununterbrochen als Einrichtung der Notfallversorgung tätig ist, gewürdigt.