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Ethikrat gegen allgemeine Masern-Impfpflicht
28.06.2019 - Information & Internet, externe Gremien

In seiner am 27. Juni veröffentlichten Stellungnahme „Impfen als Pflicht?“ begründet der Deutsche Ethikrat eine allgemeine moralische Pflicht, sich selbst und die eigenen Kinder gegen Masern impfen zu lassen. Die Einführung einer gesetzlichen Masernimpfpflicht empfiehlt er nur für Berufsgruppen in besonderer Verantwortung, nicht hingegen für alle Erwachsenen oder Kinder.

Der Deutsche Ethikrat stellt fest, dass es keine reine Privatangelegenheit ist, ob man sich gegen eine hochansteckende Infektionskrankheit wie die Masern impfen lässt. In jeder Gesellschaft gibt es besonders schutzbedürftige Menschen, die etwa aus medizinischen Gründen selbst nicht gegen Masern geimpft werden können, bei denen die Erkrankung jedoch einen besonders schweren Verlauf nehmen kann. Diese Menschen können nur dadurch vor Ansteckung geschützt werden, dass ein hinreichend hoher Anteil der Bevölkerung gegen Masern geimpft ist. Hinzu kommt der Aspekt generationenübergreifender Verantwortung, da die Masern zu den Krankheiten zählen, die sich durch weltweit koordinierte Anstrengungen gänzlich ausrotten lassen. Da die Masernimpfung hochwirksam und sehr gut verträglich ist, ist nach Ansicht des Deutschen Ethikrates jede Person moralisch verpflichtet, sich selbst gegen Masern impfen zu lassen und gegebenenfalls auch für einen entsprechenden Impfschutz der eigenen Kinder zu sorgen.

Aus dem Bestehen dieser moralischen Pflicht zur Masernimpfung folgt allerdings nicht unmittelbar, dass sich auch die Einführung einer gesetzlichen, letztlich mit staatlichen Zwangsmaßnahmen durchzusetzenden Verpflichtung rechtfertigen lässt. Vielmehr ist zu prüfen, ob und für wen eine solche Rechtspflicht geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist, um das Ziel einer Erhöhung der Impfquote zu erreichen. Im Fall der vieldiskutierten Impfpflicht für Kleinkinder in Tagesbetreuung und für Schulkinder führt diese Prüfung zum Schluss, dass in Anbetracht der in diesen Altersgruppen insgesamt hohen Impfquoten eine generelle staatliche Impfpflicht nicht gerechtfertigt ist.

Zu empfehlen ist hingegen eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes, die eine bessere Erfassung nicht geimpfter Kinder, eine intensivierte Beratung der Eltern und Impfaktionen in den Einrichtungen selbst ermöglicht. Ausschlüsse aus Bildungs- und Erziehungseinrichtungen sollten nur in individuell begründeten Ausnahmefällen möglich sein. Zusätzlich ist die verhältnismäßig große Gruppe der ungeimpften Erwachsenen verstärkt in den Blick zu nehmen. Sie sollte dringend mit speziellen Aufklärungs- und Impfkampagnen angesprochen werden.